Josef Pekař als Historiker
Der Name von Josef Pekař ist an der ersten Stelle mit
der Historiographie verbunden. Er
fing im Jahre 1888 nach dem Abitur am Gymnasium in Mladá
Boleslav
an, die Prager Karlsuniversität zu studieren, die ihm zu
seiner Arbeitsstelle
für den Rest des Lebens wurde. Hier wurde er
hauptsächlich vom Historiker
Jaroslav Goll (1846–1929) beeinflusst, dessen Nachfolger
Pekař fortlaufend wurde. Auch dank Goll
mischte sich Pekař in den durchlaufenden Streit um die Echtheit der
sog.
Handschriften an der Seite ihrer Gegner ein. Unter der Leitung seiner
Lehrer Jaroslav
Goll und Antonín Rezek (1853–1909) schrieb er die
bahnbrechende Arbeit über Wallenstein, die sowohl wegen der
Erudition als auch der literarischen
Qualität zu einem der bemerkenswertesten historiographischen
Bücher der
Jahrhundertwende um 1900 wurde.
Während seiner jahrzehntelangen
Fachtätigkeit beschäftigte sich Pekař mit mehreren
Themen. Ihn interessierten die ältesten mittelalterlichen
Legenden, die
möglichen Interpretationen der Schlacht am Weißen
Berg (Bílá hora) im
Jahre 1620, aber auch die Bedeutung der Herrschaft Franz Josephs I. In
die Geschichte der Geschichtsschreibung
schrieb er sich aber mit zwei grundlegenden Arbeiten ein –
über
Jan Žižka und über das Herrschaftsgut Kost. In der einen
versuchte er, den hussitischen
Feldherrn als einen mittelalterlichen Krieger mit allen Positiven und
Negativen zu
zeigen. In der anderen stellte er das Lebensbild der Bewohner des
Herrschaftsguts
Kost nach der Schlacht am Weißen Berg dar.
„Diese
Burg Kost liebte ich wahnsinnig schon seit
meinen Schuljahren (entschuldigen Sie mir den innigen Ton: ich erwuchs
noch im romantischen Umfeld) und diese Liebe wurde in den letzten
Jahren
verstärkt, wenn unsere Gruppe aus Turnov mehrfache
touristische und auch
gesellschaftliche Beziehungen mit Kost und mit der Hausfrau in der
Umgebung von Kost, mit
der malerischen Stadt Sobotka anknüpfte. So wurden die
Ausflüge auf die heutige Burg Kost mit den Fahrten nach
Jindřichův Hradec (Neuhaus) zum alten
Archivar der Familie Černín Herrn Tischer abgewechselt. In
seinem
Arbeitsraum wurde mir die Möglichkeit gegeben, wieder und
wieder auf der Burg Kost
in den Jahren 1637–1738 zu weilen und (und zwar oft sehr
ausführlich) Menschen und Zustände in den vergangenen
Jahren während drei Generationen
kennenzulernen. Bald fand ich auch andere Wege auf die Burg in den
vergangenen Epochen, vom 16.
bis zum 19. Jahrhundert – und das Ergebnis von diesen Studien
ist
dieses Buch." Josef Pekař, Kniha o Kosti, 1909
Hrubá Skála und der Streit um die
Handschriften
Die Bedeutung hiesiger Landschaft mit einer Menge von
Burgen und Schlössern
ist für Josef
Pekař außer allem Zweifel und auch auf diesem Wanderweg ist
nicht außer Acht
gelassen. In der früheren Phase seiner Karriere spielte die
Burg Hrubá Skála
(wörtlich: Großfelsen) eine wichtige Rolle
für Josef Pekař, die aber nicht
immer als „Hrubá“ genannt wurde. Mit ihr
ist der Beitrag des Historikers im
Streit um die Echtheit der Handschriften verbunden.
In der Zeit der sog. Nationalen Wiedergeburt
bemühten sich die tschechischen
Schriftsteller um die Erweckung des nationalen Geistes. Die Patrioten
benutzten alle
möglichen Mittel, die bei der Erfüllung ihrer Ziele
helfen konnten, und
gründeten ihre literarischen Werke auf alles, was zur
Verbreitung des nationalen
Stolzes und zum Begreifen der nationalen Kontinuität beitragen
konnte.
Eine Sache fehlte aber unseren Patrioten. Die Nachbarvölker
hatten ihre alten Epen
über die Tapferkeit und Ehre ihrer Nation. Das tschechische
Volk verfügte aber
über solche Epik nicht. Und das geschah in der Zeit, die sich
direkt zu den nationalen
Mythologien wendete. Aus diesem Grund wurden die Handschriften in der
Blütezeit der Nationalen Wiedergeburt plötzlich
„gefunden“, in denen Gedichte aufgezeichnet
wurden, die über die großen Taten des tschechischen
Volkes erzählten. Kurz nach der Veröffentlichung der
Handschriften wurde ihre Echtheit
bestritten und im gewissen Sinne verläuft der Streit um ihre
Echtheit noch in
der Gegenwart.
Im Jahre 1886 begann
in der Zeitschrift Athenaeum Polemik über die Echtheit der
Königinhofer Handschrift (Rukopis
královédvroský)
und der Grünberger Handschrift (Rukopis
zelenohorský). Schon als Gymnasiast interessierte sich Josef
Pekař für die Handlung des Gedichtes Beneš Heřmanov
aus der Königinhofer Handschrift, das in unsere Region
situiert ist. Um vier Jahre später erschien sein kurzer
Beitrag Hrubá
Skála. Příspěvek k historické
topografii a ke sporu o Rukopis
královédvorský (Hrubá
Skála. Ein Beitrag zur historischen Topographie und zum
Streit um die
Königinhofer Handschrift). Pekař als Student des
fünften Semesters der
philosophischen Fakultät machte auf sich durch brillante
Formulierungen und
durch ein relativ einfaches Argument aufmerksam, dass die Burg bis zum
17. Jahrhundert
„Skály“, nicht Hrubá
Skála genannt wurde. Nach einiger
Zeit kehrte er zu diesem Thema noch im Periodikum Listy
filologické wieder, in dem er eine
schon umfangreichere Studie mit dem Titel Hrubá
Skála v Rukopise
Královédvorském (Hrubá
Skála in der Königinhofer
Handschrift) publizierte.
St.-Josephs-Statue
Die Landschaft des Böhmischen Paradieses ist
–
ähnlich wie in anderen böhmischen Regionen
– durch
kleine Sakraldenkmäler die Wege entlang, auf den
Dorfplätzen,
in den Feldern und Wiesen charakteristisch. Bei einem Spaziergang durch
das Land sieht man Martersäulen, Statuen der Heiligen oder
Versöhnungskreuze. Diese Gegenstände wurden
gewöhnlich
zur Erinnerung an glücklichen, aber auch
unglücklichen
Ereignissen, eventuell als der Ausdruck des
Dankes für die Abwendung eines Unglücks oder die
Heilung
eines Kranken gebaut. Sie dienten zur Ehrung der Toten und auch zur
Versöhnung des Streites ums
Vermögen. Sehr oft wurden die Grundstücke mit ihnen
abgegrenzt. Zuerst hölzerne, später steinerne
Martersäulen befanden sich in der böhmischen
Landschaft schon seit dem 14. Jahrhundert. Zu ihrer
größten
Verbreitung kam es in der Barockzeit. Der Mensch der Barockzeit fing
an, die Landschaft um sich selbst zu kultivieren. Indem er in die
Landschaft kleine architektonische Objekte platzierte, gab er ihr ihren
endgültigen Charakter im Sinne der zeitgenössischen
Ästhetik und Philosophie und schuf damit einen komplexen Raum
mit
sakralen, weltlichen und natürlichen Elementen. In dieser Zeit
wurde der Kult der Heiligen in Böhmen unterstützt,
darunter
auch der Kult des Heiligen Joseph. Die angeblich älteste
Abbildung
des Heiligen Joseph im mitteleuropäischen Raum stammt aus dem
14.
Jahrhundert und befindet
sich auf dem Altarmensa im Kölner Dom. Die Beliebtheit dieses
Heiligen, des Pflegevaters Jesu, wird durch die jahrhundertelange
Popularität des Vornamens
Joseph bestätigt. Das Patronat des Heiligen Joseph ist recht
breit. Für ihren Schutzpatron können ihn alle
Familien,
Kinder und Waisen, aus
den Handwerkern dann Zimmerleute, Tischler, Holzhauer oder Wagner
halten. Seine Statuen sind deshalb in den gebirgigen Gegenden, in denen
die Holzarbeit das
Alltagsbrot brachte, ziemlich oft zu finden.
Die St.-Josephs-Statue ist eines der mehreren
Denkmäler,
die an die Tätigkeit der ländlichen
Steinmetzen erinnern, welche die Landschaft des Böhmischen
Paradieses von Statuen und Kreuzen gefüllten. Diese standen
oft
auf wichtigen
Erinnerungsorten, Kreuzungen von inzwischen untergegangenen Wegen oder
auf exponierten Stellen, wie diese ist, woher der Schutzpatron in die
breite Gegend herabblickt. Die Statue wird dem Steinmetzmeister
Ignác Martinec (1784–1841) aus Sestroňovice bei
Frýdštejn zugeschrieben, der
sie in den 1820er Jahren errichtete. Ein ähnliches Relief mit
dem
Heiligen Georg, das sich hier auf dem Sockel befindet, kann man auch
auf eine andere St.-Josephs-Statue von Martinec in
Malá Skála–Vranové finden.
Der Heilige
Joseph mit dem Jesuskind in den Armen gehörte in der
Vorgebirgsgegend zu den beliebten Heiligen. Er war nicht nur
einer der Schutzpatrone Böhmens, sondern auch
Schützer der
Familie und Kinder, und weil er Zimmermann von Beruf war,
beschützte er auch die Handwerker, die mit Holz
arbeiteten, und die Weber.
     
Josef
Pekař
Lehrpfadkarte, Autor Jiří Lode (2020)
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Professor Pekař in
seiner Prager Arbeitszimmer (1934)

Für das akademische Jahr 1931–1932 wurde Prof. Josef
Pekař zum Rektor der Karlsuniversität gewählt

Auf dem Foto von Hrubá
Skála hielt Pekař auch die ehemalige Brauerei unter
dem Schloss fest

Das umfangreiche Bild Pobití
Sasíků pod Hrubou Skálou (Das Hinmorden der
Sachsen unter Hrubá Skála) aus dem Jahre 1895 ist
jetzt im Museum des Böhmischen Paradieses in Turnov
ausgestelltt

Die St.-Josephs-Statue aus der Werkstatt des
Steinmetzmeisters Ignác
Martinec (1784–1841) in dem Ortsteil von Malý
Rohozec Na Pískách

Der Ortsteil Na pískách in der Zeit der
kollektivisierten Landwirtschaft
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