Privates Leben von Josef Pekař
Trotz des vielfältigen gesellschaftlichen
Lebens blieb Josef Pekař bis zu seinem Tode ein
unverheirateter Hagestolz. Am ernsten scheint es seine enge Beziehung
zur
Tochter seines Universitätsprofessors Jaroslav Goll
(1848–1929) zu sein.
Zwischen ihnen gab es aber einen großen Altersunterschied und
der
Universitätsprofessor selbst griff wahrscheinlich gegen diese
eventuelle
Partnerschaft ein. Für den Rest seines Lebens blieb Pekař
ledig, lebte nur mit
seiner Dienerin und seiner Stiefschwester Marie, obwohl manchen seine
Tagebuchaufzeichnungen andeuten, dass er unterschiedliche Formen der
Kontakte
mit den Frauen unterhielt. Trotz seiner Behauptungen über das
ungeschickte
gesellschaftliche Auftreten stand er oft im Zentrum vieler
öffentlicher
Veranstaltungen und wurde zum Ziel begieriger Zuhörer.
Zu seinen großen
Leidenschaften gehörten Essen und Rauchen. Er besuchte gerne
eine Menge der
Prager Restaurants, in denen er die aktuelle Presse stundenlang las und
dazu
seine beliebten Knödel mit Sauerkraut aß. Seiner
eigenartigen Lebensweise war
er sich gut bewusst. Dies wurde auch damals gezeigt, als er vom Teil
der
tschechischen Politiker als möglicher Nachfolger
Tomáš G. Masaryks im
Präsidentenamt vorgeschlagen wurde. Diese Variante lehnte er
heftig im Brief an
einen von ihnen mit dem Hinweis auf seine Lebensweise ab: „Ein Hagestolz, der
in den Kneipen zu Mittag und Abend isst, sollte jetzt Gesandte der
fremden
Länder empfangen und zu den Festmahlen und Rezeptionen
einladen.“
„Unsere
Gesellschaft mag seinen Vorsitzenden.
Wir entschuldigen gern seine zeitweilige schlechte Laune, sein Schelten
und
Ärgern, wir wissen, dass es sich nur um ein Ventil seines
Temperamentes
handelt, nur um eine Wolke auf dem Himmel seines ruhigen Lebens, das
jedem
Ausschlag ausweicht. Wir halten gern auch seine harten Anekdoten aus,
in allen
Augen spiegelt sich die Liebe wider, die mit dem nachsichtsvollen
Lachen
verbunden ist: Das ist doch der Pekař! Er ist der Präsident
der Gesellschaft,
hält sie zusammen und schützt vor dem Zerfall. Ohne
ihn ginge sie zugrunde,
aber wenn es dazu käme, wäre das ein Faustschlag
besonders für ihn.“ Václav
Müller,
Stammgast der Kneipe U Kupců in der Stephansgasse in Prag, 1930
Kurort Sedmihorky
Dank der Aktivitäten des Stadtarztes aus Turnov
Antonín Šlechta wurde der Kurort in
Sedmihorky schon in Jahre 1841 für die ersten Gäste
geöffnet. Offiziell wurde
er dann der Öffentlichkeit am 15. Mai nächten Jahres
vorgestellt. Im Laufe der
Jahre wurde Sedmihorky zum beliebten Ziel und Oase der Ruhe
für die Gäste aus
unterschiedlichen Weltteilen (in den Gästebüchern
findet man Besucher aus
Europa, Asien oder Amerika). Auch Josef Pekař mochte diesen Ort. Er
hörte
relativ früh auf, in den Sommermonaten aus Prag zu seiner
Familie nach
Daliměřice zu fahren, und nutzte lieber andere
Unterbringungsmöglichkeiten. Er
wollte durch seinen Aufenthalt seine Familie nicht finanziell
ausschöpfen. Im
Jahre 1896 blieb Josef Pekař zum ersten Mal während der Ferien
nicht in seinem
Elternhaus – er bereitete sich auf seine Habilitation vor.
Den Sommer
verbrachte er in Turnov oder in Štekls Pension in der
Nachbarschaft des
Schlosses Hrubá Skála (Juli 1897, August 1899)
und später auch endlich in
Sedmihorky. Nach den Verzeichnissen in den Gastbüchern wurde
Pekař in
Sedmihorky zum ersten Mal in den Sommerferien 1902, dann in den Jahren
1906,
1907 und seit 1913 schon jedes Jahr bis zu seinem Tode untergebracht.
Er wohnte
immer in demselben Zimmer: „Wir
in
Sedmihorky sind konservativ,“ sagte er und
pflegte davon Spaziergänge in
die Umgebung zu unterhalten. Zur Tradition wurde sein Nachmittagskaffee
im
Restaurant U Hloušků unter dem Schloss Hrubá
Skála.
„Aber
was ist das alles im Vergleich mit
Turnov. Ich war am Montag in Sedmihorky und habe die
Möglichkeit zu vergleichen
und nachzudenken, dass nicht die objektiven, sondern die subjektiven
Werte die
richtigen Werte sind.“ Josef Pekař, 1903
Im Areal des
Kurortes war er immer leicht zu erkennen, wenn er im offenen
Sommerhemd, über
die Schultern nachlässig umgeworfenen Mantel und im alten
Jägerhut auf dem
Kopf, mit der Zeitungsausgabe unter dem Arm und immer ausbrennenden
Zigarre im
Mund auf und ab pendelte. In Sedmihorky wurde er zum letzten Mal in den
Ferien
1936 untergebracht und seinen beliebten Ort besuchte er noch kurz zu
Weihnachten
im selben Jahr, um sich vom Kurort zu verabschieden.
Brauwesen in der Region
Das Brauwesen
gehört zu den ältesten industriellen Bereichen auf
dem Gebiet der historischen
böhmischen Länder. Die erste Erwähnung
über die Brauerei ist mit dem Kloster in
Břevnov (heute Teil von Prag) verbunden, das im Jahre 993
gegründet wurde. Im
13. Jahrhundert, in der Blütezeit der königlichen
Städte, erhielten die neu
gegründeten Städte mehrere Privilegien, u. a. auch
die Brauberechtigung. Auch
die Adligen nahmen zur Kenntnis, dass es sich ökonomisch lohnt
zu brauen. Seit
dem 16. Jahrhundert entwickelte sich die Errichtung der
herrschaftlichen
Bierbrauereien. In der Region um Turnov wurden die neuen Bierbrauereien
in Svijany
(1564), Hrubá Skála (1568), Hrubý
Rohozec (nach 1570), Kost (1575) und Malá
Skála (um 1580) gebaut. Die herrschaftlichen Bierbrauereien,
die während des
16. Jahrhunderts gegründet wurden, standen im Betrieb bis zur
ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts. Die Bierbrauerei in Malý Rohozec ist eine
von zwei letzten
Unternehmen, die in der nächsten Umgebung von Turnov im
Betrieb blieben.
Im Jahre 1834 verkaufte der Fürst Rohan das
Herrschaftsgut Malý Rohozec an Ferdinand Xaver
Unger (1796–1849) aus Hodkovice (Liebenau). Kurz nach dem
Kauf entschied sich
der neue Besitzer, eine moderne Bierbrauerei auf seinem Herrschaftsgut
zu
bauen. Ähnliche prosperierende Betriebe solcher Art befanden
sich auf fast jedem
Herrschaftsgut. Der Bau der Bierbrauerei in Malý Rohozec
wurde danach im Jahre
1847 vom Kreisamt in Mladá Boleslav bewilligt. Nach dem Tode
F. X. Ungers übernahm
sein jüngerer Sohn Karl August Unger (1832–1906) das
Herrschaftsgut. Das Bier
aus Rohozec war nicht nur in Turnov, sondern auch in der breiten
Umgebung
beliebt. Im Jahre 1867 präsentierte Unger sein Bier auf der
Weltausstellung in
Paris, wo er dafür das Ehrendiplom erhielt. Um sechs Jahre
später stellte er
sein Lager- und Schenkbier auf der Weltausstellung in Wien vor.
Der nächste Fortsetzer der Familie Karel
Miloš Unger (1865–1941) verkaufte den
Großgrundbesitz mit der Bierbrauerei an die
neugegründete Firma Společenský
pivovar hostinských, s. r. o., Malý Rohozec
(Gemeinschaftliche Bierbrauerei der
Wirte, GmbH, Malý Rohozec). Insgesamt 328 Bierbrauereien
waren im Jahre 1935 in
Böhmen tätig; die Bierbrauerei in Malý
Rohozec besetzte mit einer Produktion
von 42 956 hl den 27. Platz. Im Jahre 1948 wurde die Brauerei
vom kommunistischen Staate enteignet und in den Konzern
Severočeské pivovary, n. p.,
Vratislavice (VEB Nordböhmische Bierbrauereien Vratislavice)
eingegliedert.
Nach der neuen Bezirkseinordnung im Jahre 1960 wurde sie bis 1989 zum
Teil des
Unternehmens Východočeské pivovary, n. p., Hradec
Králové (VEB Ostböhmische
Bierbrauereien Hradec Králové).
Nach der misslungenen Privatisierung im Jahre 1994
freute sich das Unternehmen
keinem positiven Ruf, was sowohl die Produktionsmenge als auch die
Qualität betraf. Zur wirklichen Wiederbelebung der
Bierbrauerei kam es erst im Jahre
2004. Die neuen Besitzer modernisierten schrittweise den ganzen
Betrieb, in
derselben Zeit wurden auch die Gebäude sorgfältig
revitalisiert. Zurzeit beträgt die jährliche
Produktion ca. 90 000 hl und das Bier aus
Malý Rohozec erhält man nicht nur in Tschechien,
sondern auch in der Slowakei, in Polen,
Russland, Finnland und anderen Ländern.
     
Josef Pekař
Lehrpfadkarte, Autor Jiří Lode (2020)

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Das Gasthaus Helikars
wurde zum beliebten Ziel der Ausflüge von Pekař auf Kost

Seine
Sommeraufenthalte verbrachte Pekař regelmäßig in
Sedmihorky

Der alte Jägerhut, der Mantel, der Spazierstock und
die
Zeitung gehörten fest zu seiner touristischen
Ausrüstung

Im Jahre 1936 war
Josef Pekař zum letzten Mal in Sedmihorky.
Auf dem Foto ist er mit dem Minister Ladislav Novák

Das Restaurant U
Hloušků unter Hrubá Skála. Hier trank
Josef
Pekař bei seinen Spaziergängen das Nachmittagskaffee

Angestellte der
Brauerei und des Großgrundbesitzes in Malý
Rohozec (1926)

Josef Pekař bei den
Kinderspielen in Sedmihorky (1936)
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