Wer war Josef Pekař?
Josef Pekař
gehört zu den in dieser Gegend geborenen
Persönlichkeiten, die diese Region
mehr als die anderen berühmt machten. Zu seinem
Begräbnis ließ doch der
damalige Präsident Tomáš G. Masaryk
Blumen als Ausdruck seiner Hochachtung
schicken, auch wenn er sich in vorigen Jahren mit Pekař um den Sinn der
tschechischen Geschichte heftig stritt. Pekař war Historiker, der sich
in
seinem Werk fast mit allen Themen aus der Geschichte Böhmens
beschäftigte. Er
tritt in den öffentlichen publizistischen Debatten auf und in
seinen letzten
Lebensjahren nahm er auch das Rektoramt an der
Karsluniversität an.
Seine Lebensgeschichte erzählt von einem Knaben
aus einer
Bauernhütte bei Turnov, der
zu einem der einflussreichsten tschechischen Intellektuellen der ersten
Hälfte
des 20. Jahrhunderts wurde. Er war unüberschaubar in den
öffentlichen Debatten
im Rahmen des gesamten Staates, zuerst in Österreich-Ungarn,
dann in der
Tschechoslowakischen Republik. Er wurde bewundert, aber auch verdammt.
Er
pendelte zwischen der „großen Welt“ der
Hauptstadt und der malerischen
Landschaft seines Geburtsortes.
Die Region um Turnov
Die Region um Turnov ist der Geburtsort des
Universitätsprofessors Josef
Pekař, die er für
das ganze Leben liebte. Diese nicht besonders breite, aber einzigartige
Gegend,
in der eine Menge der Naturdenkmäler und historischen
Sehenswürdigkeiten
konzentriert werden, ist nach der Meinung von manchen Besuchern
ohnegleichen.
Während einer
kurzen Wanderung durch diese Region kann man zerklüftete
Sandsteinfelsenstädte,
monumentale Burgen und Schlösser auf einigen Felsen und
schwindende Ruinen der
Wachttürme und Felsenfestungen auf fast jedem Felsenvorsprung
erblicken. Reste
der tertiären Vulkane erheben sich über den dichten
Wäldern mit der umfangreichen
Fauna und Flora. Wasserspiegel der Teiche, der kleinen Seen und der
Nassgallen
glänzen in den Tälern, die sie voneinander trennen.
Im sog. Böhmischen Paradies
geht man oft durch kleine Dörfer und Einödsiedlungen
mit der intakten
Architektur der gezimmerten Gebäude hindurch. Man
fühlt sich, als ob man um ca.
zwei oder drei Jahrhunderte zurück in der Zeit
rückkehrte. Die Landschaft des
Böhmischen Paradieses kann für die aufmerksamen und
empfänglichen Besucher zum
geöffneten Lehrbuch der Geschichte, der verschiedenen
Naturwissenschaften und
zugleich zur Oase der Ruhe, der stillen Entspannung und Meditation
werden.
„Kurz
nach unseren
Kinderjahren
bewunderten wir
(die Jungen, die im naheliegenden Dorf
Daliměřice wohnten, a. d. V.) jeden Tag
die Schönheiten der Umgebung von Turnov. Die Knaben aus Turnov
sahen gar nichts,
wenn sie zur Schule kamen.“ Josef
Pekař,
1930
In diesem Milieu
wurde Josef Pekař am 12. April 1870 im naheliegenden Dorf
Malý Rohozec geboren.
Diese bedeutende Persönlichkeit verband sein ganzes Leben mit
der Region um
Turnov, und zwar auch in der Zeit, als Pekař eine völlig
unterschiedliche
gesellschaftliche Stellung gewann, als er sich seit langem nicht nur
mit den
regionalen Angelegenheiten beschäftigte, sondern als er sich
auch zu den gesamtstaatlichen,
ja gesamtweltlichen Vorgängen äußerte. Die
Stadt Turnov vergaß auch ihren Landsmann
nicht: Im März 1920 wurde er mit dem anderen bedeutenden
Historiker dieser
Region Josef Vítězslav Šimák zum
Ehrenbürger der Stadt ernannt.
„In
meinem geistigen
Leben nimmt die Stadt Turnov mit
ihrer Umgebung eine einzigartige Stelle ein. In diese Landschaft kehre
ich
immer wieder zurück, um ihre physische und sittliche
Schönheit einzuatmen, neue
Geisteskräfte zu schöpfen, meine Augen zu
sättigen. In sie und durch sie bin
ich zu dem geworden, der ich bin, zum tschechischen Patrioten und
tschechischen
Historiker.“ Josef Pekař 1920
Dolánky
bei Turnov
Es geschieht nur
selten, dass die Bedeutung eines Gebäudes die ganze Gemeinde,
in der es sich
befindet, in den Schatten stellt. Im Falle des Gebäudes Nr. 12
in Dolánky bei
Turnov geschah es aber wirklich und das Dlask-Gehöft ist weit
und breit als
eines der bedeutendsten und bestbewahrten Denkmäler der
Volksbauwesens bekannt,
welches einen Typ des einstöckigen gezimmerten
Gebäudes aus dem mittleren
Isergebiet repräsentiert. Auch die kulturhistorische Bedeutung
des Gehöftes ist
außergewöhnlich, weil einer ihrer Besitzer der
ausgebildete Bauer und
schreibende Dorfphilosoph Josef Dlask (1782–1853) war. Seine
Aufzeichnungen,
die von der materiellen Welt sowie dem geistigen Horizont eines Bauers
in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Zeugnis geben, sind heute
eine wichtige
Quelle für die Regionalgeschichte. Dieser Tatsache war sich
Josef Pekař gut
bewusst. Zu Weihnachten 1898 erschien sein Artikel Memoiren
des Bauers Josef Dlask in der Beilage des deutschen, in
Prag herausgegebenen Tageblatts Politik.
Hier proklamierte Pekař wohl zum ersten Mal sein Interesse, sein
Lebensthema: die
böhmische Agrargeschichte vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, das
seinen Höhepunkt
in den Werken Kniha o Kosti (Das
Buch
über die Herrschaft Kost) und České
katastry
(Böhmische Kataster) fanden.
„Dlasks
Name ist bereits
in
Böhmen ein wenig
bekannt –
auch mehr bekannt ist das
Bauerngut Dlasks in Dolánky bei Turnov. Es ist
jener
charakteristische,
ausgedehnte ländliche Bau im oberen Isergau, dessen Motive
– und das ist ein
Verdienst des akademischen Malers Herrn Jan Prousek aus Turnov
– beim
Bauerngute aus Turnov in der ethnogaphischen Ausstellung benutzt wurden
(...).“ Josef Pekař, 1898
Hier beginnt der
Josef-Pekař-Wanderweg, der weiter nach Malý Rohozec, in den
Geburtsort des
Professors Pekař führt, und der in Jenišovice
endet, wo sich auf dem dortigen
Friedhof der letzte Ruheplatz von Pekař befindet. Auch hier in
Dolánky kann man
aber ein kleines Stück von Malý Rohozec finden. Wir
stehen nämlich vor dem
sogenannten Rakouš's Blockhäuschen
(Rakoušův sroubek), der erst in den 1960er
Jahren vom Geburtsort von Pekař hierher herübergebracht wurde
und den Josef
Pekař als einen integrierenden Teil der Bauernhütte Nr. 5
wahrnahm.
Das Areal des
Dlask-Gehöftes wurde um diesen einstöckigen
gezimmerten Speicher auf der hohen
steinernen Untermauerung aus dem Jahre 1807 verbreitet. Es geschah in
der Zeit,
als er an seiner ursprünglichen Stelle beim
Rakouš-Gehöft Nr. 5 in Malý Rohozec
von der definitiven Vernichtung bedroht wurde. Die Lage des Speichers
sollte
mit dem Komplex des Dlask-Gehöftes im gewissen Sinne
korrespondieren und die
Möglichkeit anbieten, das Areal noch um weitere Bauten der
Volksarchitektur zu
bereichern. Damals wurde noch geplant, auf diese Gelände ein
Freilichtmuseum zu
errichten, in das die Denkmäler der Volksarchitektur aus der
Region konzentriert
werden sollten, denen die unmittelbare Vernichtung drohte. Diese Idee
wurde
jedoch nicht realisiert.
    
Josef
Pekař Lehrpfadkarte, Autor Jiří Lode (2020)

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Der
junge Dozent
Josef Pekař auf dem Foto aus dem Jahre 1898
Auf
dem
Foto aus der Hälfte der 1880er
Jahren ist Pekař wahrscheinlich mit
seinen Schwestern Anna (1878–1888) und
Marie Aloisie (1874–1886) zu sehen

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